Einführung in die Ausstellung. Audio 24 min. Wilhelm Neusser und Jochen Langner im Gespräch. Aufnahmeregie: Fahri Sahin Sarimese
Metaphorisch gesprochen bezeichnet Schwarzweiß das Denken in Extremen. Es blendet die ebenso metaphorische Grauzone, den Übergang von Weiß zu Schwarz, oder Schwarz zu Weiß, aus. Genau diesem unscharfen Verlauf widmen sich Neussers neueste Bilder in vibrierenden Farben.
Seine Landschaften beschreiben die Natur in ständigem Wandel von Tages- und Jahreszeiten, im Wechsel von Hell und Dunkel. Auch der Zustand der dargestellten Räume ist nicht eindeutig und oszilliert zwischen illusionistisch einladend und bedrohlich abweisend.
Eine Marschlandschaft unter dramatischem Himmel spielt ebenso auf Emil Noldes Norddeutschland wie auf Kaliforniens Waldbrände an. Die von der Cranberry Ernte inspirierten Bog Bilder erzählen vom Herbst in Neuengland, zugleich klingen Untertöne von Umweltzerstörung und Naturkatastrophe an. Mit ihrer intensiven Farbigkeit explodieren Neussers Forsythien förmlich und geben der Natur dieses Frühblühers etwas verunsichernd Künstliches.
In der großen Gruppe der Zaunbilder wird der Betrachter*in ein Standpunkt außerhalb des Bildes zugewiesen, der Zugang zum Bildraum wird verwehrt. Zäune als Mittel der Ein- und Ausgrenzung sollen helfen, eine scharfe Linie zu ziehen und Klarheit zu verschaffen: hier Schwarz, dort Weiß. Neussers eingezäunte Landschaften aber unterwandern diese Absicht und führen uns zurück in die farbige Grauzone, in der nichts feststeht und alles im Fluss.
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Metaphorically speaking, black and white means thinking in extremes. It masks the equally metaphorical gray area, the transition from white to black, or black to white. It is precisely this blurry gradient that is the focus of Neusser's most recent paintings in vibrant colors.
His landscapes describe nature’s constant change, through the seasons and at all times of the day, from light to dark. The atmosphere is just as ambiguous, oscillating between alluring illusion and repellent threat.
A marsh landscape under a dramatic sky alludes as much to Emil Nolde’s Northern Germany as to California’s wild fires. Inspired by the cranberry harvest, the series of Bog paintings portrays New England in the fall albeit with undertones of environmental pollution and natural disaster. Neusser’s forsythias positively explode with intense color, lending to the nature of this early bloomer an unsettling artificiality.
In the large group of fence paintings the beholder is positioned outside the picture; access to the pictorial space is denied. Fences, as a means to enclose and to exclude, are supposed to help draw clear lines and provide clarity: black here - white there. Neusser’s fenced landscapes undermine this, leading us back to the colorful gray area in which nothing is certain and everything is in flux.